Ich betrachte beide Denkmöglichkeiten als wenig verführerisch; die Freiheit bildet für mich das Fundament der Wirklichkeit, und der Glaube an eine abzählbare Menge von Welt-Möglichkeiten ist mir zu konstruiert oder rationalistisch. Aber gibt es überhaupt noch eine dritte Lösung dieses Problems?
Ja; die zukünftige Welt besteht in der Gegenwart noch gar nicht, sondern wird in ihr erst konstituiert oder generiert.
„Sehr originell ist das aber nicht gerade; davon gehen wir doch zumindest seit Charles Darwin nahezu alle aus:
Das Geschehen und insbesondere unser Handeln in der Gegenwart bestimmen (über) die Zukunft.“
Nein; da haben Sie mich mißverstanden, denn ich wollte etwas völlig anderes zum Ausdruck bringen. In meinem Weltbild hätten Sie richtigerweise sagen können:
Seit Darwin gehen die meisten Menschen davon aus, daß das Geschehen und insbesondere unser Handeln im Jetzt (über) das Später bestimmen.
Wir müssen die Tempi – Früher, Jetzt sowie Später – von den Modi – Vergangenheit, Gegenwart bzw. Zukunft – und damit zwei völlig verschiedene ZEITEN deutlich voneinander unterscheiden, denn sie entsprechen zwei differenten Arten von Variationen unserer Wahrnehmungen.
Zum einen können sich letztere ändern. Das geschieht in der (Temporal-)“Zeit“ und bedeutet, daß sich ein und dieselbe Wahrnehmung zu zwei verschiedenen „Zeiten“ in unterschiedlichen Zuständen befindet.
Wir erklären das heute sehr häufig mittels des physikalischen Ursache-Wirkungs-Denkens, aber das ist sekundär. Entscheidend ist allein, daß sich ausnahmslos alles innerhalb der „Zeit“ abspielt, in der sich die Wahrnehmung erstreckt. Zur „Zeit“(1) befindet sich beispielsweise eine Auto-Wahrnehmung am Ort A, und der verändert sich bis zur „Zeit“(2) in den Ort B.
Zum anderen gibt es aber auch ein Entstehen und Vergehen – nicht an den, sondern – der Wahrnehmungen. Hierbei liegt nicht mehr ein und dieselbe Wahrnehmung vor, sondern sie wird eine andere; die Wahrnehmung(V) vergeht und die Wahrnehmung(Z) entsteht – in der Gegenwart.
Ich glaube, nun sollte sich unser Mißverständnis klären lassen:
1. Wir unterscheiden die (temporel-)“zeitlichen“ Änderungen der Wahrnehmungen von ihren (modal-)zeitlichen Anderungen – dem Entstehen und Vergehen – der Wahrnehmungen.
2. In jeder Gegenwart sind beide möglich; der Wahrnehmungen(G) können sich ändern oder von den Wahrnehmungen(V) in die Wahrnehmungen(Z) übergehen.
3. Sind wir hinreichend exakt (oder pingelig), andern sich die Wahrnehmungen kontinuierlich. Bei B angekommen ist auch unser Beispiel-Auto ein anderes geworden; schmutziger vielleicht.
4. Ohne in der Zeit konstante Wahrnehmungen können ihre „zeitlichen“ Änderungen jedoch immer nur Näherungen darstellen.
5. Wir leben in der – Gegenwart der – Zeit und generieren darin die zukünftigen Wahrnehmungen.
6. Dadurch läßt sich (widerspruchsfrei) denken, daß die subjektive Welt ausschließlich in den eigenen Wahrnehmungen besteht – den gegenwärtigen sowie zukünftigen. Weder müssen wir hierzu unsere Freiheit opfern noch ein Ensemble potentieller Zukunfts-Welten annehmen.