1.1.1. Drei Dualismen

Unsere Körper gehören zu den materiellen oder physikalischen Seienden der objektiven Realität.

Traditionell Denkende gehen zumeist davon aus, daß wir als Subjekte mit ihnen zusammenfallen. Aber der Satz „Ich bin mein Körper“ muß falsch sein, weil

– dieses „mein“ das Ich zum Besitzer des Körpers macht, während

– das „bin“ das gleiche Ich mit dem Körper identifiziert,

so daß der Körper sein eigener Besitzer sein müßte, was offensichtlich Unsinn bedeutet.

 

Die übliche Notlösung besteht darin, unserem Körper ein nur vorgestelltes, das heißt, nicht-seiendes „Innen“ hinzuzufügen und dieses mit dem Ich zu identifizieren, das nun widerspruchsfrei einen Körper haben kann. Natürlich nicht wie ein Auto oder alle anderen Dinge; wir müßten also zumindest diese beiden Formen des Besitzens voneinander unterscheiden.

Damit ergibt sich eine Zweiteilung in Subjekte und Objekte, die möglicherweise kontinuierlich ineinander übergehen. Die Objekte sind lediglich Körper, und bei uns kommt zu diesen – den Seienden i. e. S. – jeweils noch das „Innen“ hinzu.

 

Es besteht aus zwei Komponenten, der Psyche und der „Innenseite“ des eigenen Lebens. Zu letzterer gehören insbesondere Gefühle, Triebe, Absichten, Vorstellungskraft, der Wille oder gegebenenfalls auch die Freiheit sowie das Gewissen.

Den Begriff „Innenseite“ des Lebens habe ich bewußt unüblich gewählt; Seele, Geist, Gemüt, Geist-Seele wären geläufigere Alternativen.

Mir sind jedoch treffende Bezeichnungen wichtig, die möglichst keine unerwünschten Assoziationen begünstigen. Das sollte hier der Fall sein; unser Leben setzt sich traditionell aus seiner „Innen“- und Außenseite zusammen. Letztere besteht im Verhalten des Körpers, der sich mit allen anderen physikalischen Seienden im Raum bzw. Kosmos befindet.

 

Die traditionelle Psyche, der zweite Teil unseres Innen, läßt sich relativ leicht fassen:

Um (über)leben zu können, müssen wir Subjekte über die Fähigkeit verfügen, sowohl den eigenen Körper als auch andere materielle Seiende wahrzunehmen. Am Beispiel des Sehens wird deutlich, daß sich dieses Wahrnehmen am besten als ein Abbilden verstehen läßt. Dort befindet sich der Eiffelturm – auch bei geschlossenen Augen; öffnen wir sie, entsteht ein Abbild von ihm in unserer Psyche. 

Die Psyche ist freilich kein Gefäß, sondern die Gesamtheit der Abbilder. Das „in“ war aber trotzdem richtig, weil „Inhalt“ und „Gefäß“ wie bei den Zahlen zusammenfallen. Die 3 befindet sich als „Inhalt“ in der Menge der natürlichen Zahlen; dem „Gefäß“.

Als bestehend aus Abbildern kann die Psyche nur subjektiv und unwirklich sein. Falsche Abbilder wären auch rein subjektiv möglich; erkennen wir die Seienden jedoch adäquat, müssen sich die Abbilder verschiedener Subjekte einander annähern und damit partiell intersubjektiv werden.  

 

Damit gelangen wir nach dem Dualismus von Subjekt und Objekt unmittelbar zu einem zweiten:

Der objektiv-wirklichen Realität der Seienden im Außen des Kosmos stehen

die subjektiv-unwirklichen „Innen“ der Subjekte gegenüber. 

Aber dieses „Innen“ stellt kein Innen dar:

Unser Körper befindet sich im Raum; deswegen können wir ihn zum Beispiel sehen; das zugehörige „Innen“ sieht jedoch auch kein Chirurg, weil es ohne Ausdehnung ist. Was keine Ausdehnung besitzt, ist jedoch raumlos oder nicht im Raum und kann somit auch nicht innen sein.

Der Kern befindet sich in der Kirsche, der Käfer in der Schachtel oder das Gehirn im Kopf. Beide Bestandteile eines wirklichen Ineinanders müssen räumlich sein; das Innere ist natürlich kleiner – aber nicht raumlos.

Da unser „Innen“ keine Ausdehnung besitzt oder sich nicht im Raum befindet, kann es auch kein Innen und der Körper nicht relativ dazu außen sein. Wir sprechen von unserem „Innen“, denken aber kaum darüber nach. 

 

Ein dritter Dualismus, der für das traditionelle Denken typisch und innerhalb seines Rahmens wohl unüberwindbar ist, besteht zwischen den Seienden und ihren Bezeichnungen oder allgemeiner formuliert zwischen Wirklichkeit und Sprache. Adam hat den Tieren Namen gegeben; was sonst sollte man auch anders mit Seienden tun, die bereits vollkommen fertig und einfach vorhanden sind?

Natürlich wurde uns das traditionelle Denken seit zweieinhalb tausend Jahren von Kindesbeinen an indoktriniert. Aber ich glaube nicht, daß seine Überzeugungskraft, die ja schon an „Selbstverständlichkeit“ oder „Evidenz“ grenzt, allein damit erklärt werden kann. Das traditionelle Denken ist auch sehr einfach und anschaulich, um nicht zu sagen „kindlich“:

Diesbezüglich wird die Zeit ebenfalls ignoriert, so daß alles beim Alten bleiben kann; „wir haben das Ganze doch längst verstanden und müssen nicht mehr darüber nachdenken“.