Glaube und Vernunft
Für viele Menschen heute scheint zwischen Glaube und Vernunft ein Widerspruch zu bestehen; insbesondere dann, wenn sie eine solide naturwissenschaftlich-technische oder ökonomische Ausbildung genossen haben. Diese kann man nicht opfern, „um dem Glauben Platz zu machen“. Muss man umgedreht den Glauben opfern, das heißt, sich damit abfinden, dass „Gott tot ist“? Oder schränken wir seine Sphäre weiter ein auf das (noch) nicht Gewusste im Sinne von „wo das Wissen aufhört, fängt der Glaube an“?
Letzteres ist mit Sicherheit falsch, denn was ich nicht verstanden habe, kann ich weder glauben noch nicht glauben. Ich weiß doch nicht, was ich glauben oder nicht glauben soll. Wir brauchen immer die Vernunft, um zu verstehen; Verstehen bedeutet aber noch nicht, „Ja“ dazu zu sagen. Bei Glaubensfragen, die mir nicht so gleichgültig sind, dass ich sie offenlassen kann, schließt sich an das Verstehen ein „Dazu sage ich Ja“ oder „Dazu sage ich Nein“ an, je nachdem, ob ich das immer schon Verstandene glaube oder nicht.
Wer also wirklich glaubt, dass Gott die Schöpfung (nicht) hervorgebracht hat, wer, mit anderen Worten, also Wert auf diese seine Überzeugung legt, müsste demzufolge die beiden Fragen beantworten können: Wer oder was ist Gott? Und wer oder was ist die Schöpfung? Kann er das nicht, hat er nicht – irgendwie – verstanden, wofür die Worte „Gott“ und „Schöpfung“ bei ihm stehen, glaubt er in Wirklichkeit (nicht) nichts; „Worte, nichts als Worte . . .“